Empowerment in der digitalen Arbeitswelt – nachhaltige Konzepte für die Digitalisierung

Gestaltungsfelder

Die digitale Revolution ist kein vorübergehender Hype, sondern ein epochaler Umbruch mit weitreichenden Folgen für die Arbeitswelt. Die Frage ist nicht mehr, ob, sondern nur noch wie die Digitalisierung die Arbeitswelt verändert – denn der Wandel ist nicht vorprogrammiert, sondern vielmehr ein ergebnisoffener Prozess.

Diesen grundlegenden Veränderungsprozess wollen wir im Sinne der Menschen gestalten.  In unserem Verbundprojekt untersuchen wir in Vorreiterunternehmen der Digitalisierung die Bedeutung dieses Wandels für die Menschen: Wie verändert sich ihre Arbeitswelt? Erwartet sie zukünftig das „digitale Fließband“ oder ein Aufbruch in eine neue „Humanisierung der Arbeitswelt“? Welche Folgen hat der Umbruch für Beschäftigte und Führungskräfte? Wie erleben sie die Veränderungen? Welche Gestaltungsmöglichkeiten haben sie?

Darauf aufbauend werden ganzheitliche Konzepte für eine nachhaltige Stärkung der Beteiligung von Beschäftigten und Führungskräften entwickelt. Im Mittelpunkt steht dabei die Idee des Empowerments: Wir begreifen es als ein gelingendes Wechselverhältnis zwischen der Bereitschaft der Menschen, sich aktiv einzubringen, und den Rahmenbedingungen, welche Unternehmen bereitstellen, um dieses Engagement zu ermöglichen und zu fördern.

Ziel unseres Verbundprojekts ist es, die Komplexität des digitalen Umbruchs zu vermessen und hierbei die Potenziale und Chancen der Digitalisierung für eine menschengerechte Arbeitswelt aufzuzeigen. Dabei nehmen wir sieben zentrale Gestaltungsfelder in den Blick. Wir bestimmen Erfolgsfaktoren für die nachhaltige Gestaltung dieser Felder und entwickeln auf jedem Gestaltungsfeld praxistaugliche Konzepte für die Initiierung und Förderung von Empowerment.

Gestaltungsfelder

Agile Organisationskonzepte

Im Zuge der digitalen Transformation orientieren sich Unternehmen zunehmend an der neuen Leitvorstellung einer „agilen Organisation“ – mit einer ausgeprägten Kundenorientierung, immer kürzeren Innovationszyklen und durchgängigen, flexiblen Prozessen. In der Folge finden teamzentrierte und kollaborativ-vernetzte Arbeitsformen immer stärker Verbreitung. Diese Veränderungen nehmen wir in dem Projekt EdA in den Blick und fragen: Welche Rahmenbedingungen brauchen diese neuen Formen der Arbeitsorganisation, damit Beschäftigte erfolgreich und nachhaltig arbeiten können? Wie können wir die Potenziale nutzen, die mit dem agilen Arbeiten entstehen, und so die Beteiligung und das Empowerment von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fördern? Gemeinsam mit Vorreiterunternehmen der Digitalisierung suchen wir deswegen nach Erfolgsfaktoren und guten Beispielen für Empowerment und entwickeln auf dieser Basis neue Konzepte für die agile Organisation der digitalen Arbeitswelt. Sie setzen auf die Mitgestaltung durch die Beschäftigten und sollen neue Handlungsspielräume für selbstbestimmtes Arbeiten eröffnen.

Zum Teilprojekt des ISF München

Führung in der digitalen Arbeitswelt

Die digitale Transformation und die damit verbundene Verbreitung agiler und kollaborativer Arbeitsformen stellen Führungskräfte vor gänzlich neue Herausforderungen. Für sie heißt es zunehmend, optimale Rahmenbedingungen für ihre vernetzt arbeitenden Beschäftigten und für die Nutzung der „kollektiven Intelligenz“ der Organisation  zu schaffen. Vor diesem Hintergrund denken Vorreiterunternehmen der Digitalisierung derzeit verstärkt über Führungskonzepte und -methoden nach, die den Anforderungen der digitalen Arbeitswelt Rechnung tragen. Hier setzt das Projekt EdA an: Unser Ziel ist es, gemeinsam mit den Unternehmenspartnern Führungskonzepte zu entwickeln, die sich von den herkömmlichen bürokratischen und hierarchischen Prozessen der Entscheidungsfindung verabschieden und es erlauben, die Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neu einzubinden. Darüber hinaus geht es uns aber auch darum, Führungskräfte selbst auf den Umgang mit empowerten Mitarbeitern vorzubereiten und hier neue Rollenkonzepte zu entwickeln.

Zum Teilprojekt des ISF München

Gesundheit & Nachhaltigkeit

Die digitale Arbeitswelt birgt zahlreiche salutogene Potenziale, die gesundes Arbeiten unterstützen können. Einerseits können sich mit der Veränderung von Arbeitsinhalten und -prozessen Sinnperspektiven und Entfaltungschancen eröffnen. Andererseits bietet die digitale Arbeitswelt neue Möglichkeiten bei der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben. Sie bringt jedoch zugleich neue Beanspruchungen für die Menschen mit sich: Steigende Verfügbarkeitserwartungen, datenbasierte Transparenz, erhöhter Leistungsdruck und die Erfahrung von Austauschbarkeit können zu einer neuen Belastungskonstellation führen, in der die Gefahr psychischer Erkrankungen zunimmt. Im Rahmen des Projektes EdA wollen wir daher Konzepte entwickeln, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Unternehmen in die Lage versetzen, salutogene Potenziale für einen nachhaltigen Arbeitsstil zu nutzen.  Im Zentrum steht die Frage, wie die neuen Freiheiten, welche die Digitalisierung bietet, mit mehr Selbstbestimmung für die Beschäftigten verknüpft werden können und wie dies institutionell abgesichert werden kann.

Zum Teilprojekt des ISF München

CrowdWork

Digitale Erwerbsarbeit auf der Grundlage des Crowdsourcing-Konzepts, so genannte Crowd Work, ist ein zentrales Element der neuen Wertschöpfungsbeziehungen, die aktuell im Zuge der digitalen Transformation entstehen. Wir adressieren in diesem Gestaltungsfeld vor allem die Frage, wie Auftraggeber und Plattformbetreiber Crowd Work nachhaltig ausgestalten können. Wie kann Empowerment in den Wertschöpfungsbeziehungen der Crowd gelingen? Im Rahmen des EdA-Projekts nähern wir uns dieser Gestaltungsfrage aus zwei Perspektiven. Wir erforschen zum einen die organisationalen Rahmenbedingungen des Empowerments. Zum anderen betrachten wir diese im Kontext mit dem persönlichen Erleben der Crowd Worker und nehmen dabei alle relevanten Dimensionen von Empowerment in den Blick. Im Ergebnis sollen Good Practices identifiziert und zu verallgemeinerbaren Erfolgsfaktoren für die Stärkung der Selbstbestimmung von Crowdworkern zusammengeführt werden.

Zum Teilprojekt der Universität Kassel

Zeitsouveränität

Mit dem digitalen Wandel steht die Gestaltung der Arbeitszeit vor neuen Möglichkeiten und Herausforderungen. Internet und mobile Endgeräte machen es möglich, dass Menschen heute in vielen Bereichen zu jeder Zeit und von jedem Ort oder auch durch technische Veränderungen in der Produktion, planbarer arbeiten können. Dies erhöht einerseits die persönliche Gestaltungsfreiheit der Arbeitenden und bietet Vorteile wie eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Andererseits drohen die Grenzen zwischen Leben und Arbeit zu verschwimmen und gesteigerte Verfügbarkeitserwartungen in den Unternehmen den Druck auf die Beschäftigten zu erhöhen. Das macht die Arbeitszeitpolitik wieder zu einem wichtigen Gestaltungsfeld. Die Frage, „Wem gehört die Zeit?“ und die Suche nach neuen Arbeitszeitregelungen – von Vertrauensarbeitszeit, mobiler Arbeit, flexibler bis hin zu einer lebensphasenorientierten Arbeitszeit – stehen hier im Fokus. Wie Beschäftigte an der Gestaltung der Arbeitszeit beteiligt und wie ihre Zeitsouveränität durch Empowerment gestärkt werden kann, will das Projekt EdA untersuchen.

Zum Teilprojekt der IG Metall

Agile Softwareentwicklung

Mit der Digitalisierung gewinnen agile Methoden in der Wissensarbeit an Bedeutung – von der IT-Branche bis hin zu den Ingenieursbereichen der Industrieunternehmen. Offen bleibt jedoch oftmals, wie diese Methoden nachhaltig gestaltet werden können. Im Vorreiter-Bereich der Softwareentwicklung erweist sich das Team-Empowerment als der zentrale Schlüssel. Allerdings reicht es in der Praxis nicht aus, den Entwicklerteams nur formale Entscheidungskompetenzen zu geben. Im Sinne einer nachhaltigen agilen Softwareentwicklung gilt es vor allem, die Teams auch über neue Technologien und Werkzeuge sowie agile Arbeitstechniken wie Testautomation und Pair Programming zu selbstorganisiertem Arbeiten zu befähigen. Dieser Aspekt steht im Rahmen des EdA-Projekts im Fokus. Wie können die Potenziale neuer Technologien und Arbeitstechniken gehoben und die Risiken minimiert werden? Ausgehend von dieser Frage ist es das Ziel, Qualifizierungskonzepte und Werkzeuge zu entwickeln, die zu einer nachhaltigen Gestaltung der agilen Softwareentwicklung beitragen.

Zum Teilprojekt der andrena objects ag

Partizipation & Mitbestimmung

Mit der digitalen Transformation entstehen neue Möglichkeiten für eine beteiligungsorientierte Unternehmenskultur sowohl in den Produktions- als auch in den indirekten Angestelltenbereichen. Teamarbeit gewinnt an Bedeutung und eröffnet neue Chancen für selbstorganisiertes Arbeiten. Digitale Tools ermöglichen es, die Beschäftigten ganz unmittelbar in betriebliche Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Diese Entwicklung stellt nicht nur die Beschäftigten vor neue Herausforderungen, sondern auch die betriebliche Mitbestimmung.  Dies gilt sowohl mit Blick auf die Entwicklung, Gestaltung und interessenpolitische Begleitung neuer Formen der Beteiligung als auch mit Blick auf eine Innovation der Mitbestimmung sowie die Rolle und die Aufgaben des Betriebsrats selbst. Hierfür werden im Rahmen von EdA neue Ansätze und Instrumente entwickelt und erprobt. Ziel ist es, Stellschrauben und gute Beispiele für eine beteiligungsorientierte Unternehmenskultur und neue Formen der betrieblichen Interessenvertretung zu identifizieren.

Zum Teilprojekt des Betriebsrats der Audi AG Ingolstadt